Buchkolumnistin

Drei Fragen an Constanze Wilken

Als sicher war, dass Constanze Wilken nach Braunschweig kommen würde, um im Raabe-Haus aus ihrem druckfrischen Wales-Roman »Das Erbe von Carreg Cottage« zu lesen, habe ich sie umgehend um ein Gespräch gebeten und erfuhr, dass die sportbegeisterte Tochter einer Künstlerfamilie von der Halbinsel Eiderstedt keineswegs schon als Kind unbedingt Schriftstellerin werden wollte.

Autorenfoto C. Wilken

Foto: Constanze Wilken

Sie studierte zunächst Kunstgeschichte, Politologie und Literaturwissenschaften in Kiel und promovierte an der University of Wales in Aberystwyth, wo sie mehrere Jahre lebte und ihr Herz für die einzigartige Landschaft des Landes entdeckte.

Heute lebt Constanze Wilken wieder in St. Peter-Ording. Als Ausgleich zu den langen Stunden am Schreibtisch unternimmt sie mit ihren beiden Hunden ausgedehnte Spaziergänge, die sie zu dem Reiseführer »Von St. Peter-Ording bis zum Elbstrand« inspiriert haben mögen, der uns ihre heimatliche Küstenregion auf sympathische Weise näherbringt.

Als Kunsthistorikerin ist Constanze Wilken viel in Europa unterwegs und reist häufig in die USA. Ich habe gefragt, worin sie den bedeutendsten kulturellen Unterschied zwischen den Vereinigten Staaten und Europa sieht.

Constanze Wilken   Diese Frage mit wenigen Sätzen zu beantworten ist eine Herausforderung. Neben dem Offensichtlichen – der Größe und Diversität des Landes – sind die Museen und Auktionshäuser, mit denen ich zusammenarbeite, alle international ausgerichtet und ähneln sich von daher. Ich bin gern in New York gewesen und habe z.B. in der Bibliothek des Cooper Hewitt Smithsonian Design Museum recherchiert. Die Unterstützung und Zusammenarbeit war dort so gut wie im Archiv des Museo di Capodimonte in Neapel. Es sind die Menschen, deren individueller kultureller Hintergrund, die unser Miteinander bestimmen. Das ist in den USA vielleicht tatsächlich ein klein wenig oberflächlicher als hier in Europa.

Grundsätzlich ist die Vernetzung, gerade im Kulturbereich, heute sehr eng. Abgesehen vom Beruflichen, liebe ich es, in jedem neuen Land dessen Eigenheiten zu erkunden. Mich reizt Neues, inspiriert das Andere, auch kulinarisch. Ich komme an kaum einer verlockend herausgeputzten Patisserie vorbei und wurde auch in NY oder Boston fündig. Schwieriger wird es, wenn man die Metropolen verlässt und ins Landesinnere fährt – da kann das Wort Kultur schnell eine ganz andere Bedeutung bekommen …

Jeanine   Sie leben in Augenhöhe mit der Nordsee, was bedeutet Ihnen die norddeutsche Küstenregion rund um St. Peter-Ording?

Constanze Wilken   Heimat und Rückzugsort. Hier liegen meine Wurzeln, hier lebt meine Familie. Außerdem liebe ich die Nähe zum Meer. Wir leben direkt am Deich, dahinter erstrecken sich die Salzwiesen und die Sandbänke. Ich wünsche mir, dass diese großartige Natur erhalten bleibt und nicht durch Massentourismus zerstört wird. Leider siegt die Profitgier der Gemeinden über Vernunft und Weitsicht.

Jeanine   Was inspiriert Sie zu Ihren Wales-Romanen? Geschichte und Kunst, die Menschen dieses Landstrichs oder die schroffe Landschaft?

Constanze Wilken  Genau diese Mischung! (lacht) Seit meinem ersten Besuch in Wales vor vielen Jahren bin ich verliebt – in die abwechslungsreiche Landschaft mit vielen Naturparks, Wanderwegen, grandiosen Klippen und Inseln, die einmalige Flora und Fauna. Die Waliser lieben und pflegen ihr kulturhistorisches Erbe, ihre Sprache und das spürt man in den charmanten Dörfern und zahlreichen Museen und Herrenhäusern, Cottages, die zum Besuch einladen. Einladend – die Waliser sind unglaublich gastfreundlich, dabei zurückhaltend und eigenwillig. Das Land hat eine spannende Geschichte, die bis in die Römer- und Keltenzeit reicht. Mein neuer Roman »Das Erbe von Carreg Cottage« beleuchtet die Kelten auf der Halbinsel Llyn im Norden von Wales.

»Das Erbe von Carreg Cottage«

Ein altes Pilgercottage auf der Halbinsel Llŷn, eine geheimnisvolle Pilgerinsel in der rauen Irischen See, eine junge Schottin, die hier nach ihren Wurzeln sucht und dabei tiefer in die Vergangenheit vordringt als sie jemals zu hoffen gewagt hätte…

 Die 35-jährige Lili Gray steht vor dem Nichts, als sie ihr Café in einem kleinen schottischen Küstenort schließen muss. Doch dann vermacht ihr ein Unbekannter ein altes Haus auf der Halbinsel Llŷn in Nordwales. Die leicht verfallene Pilgerraststätte und der Garten an den Klippen ziehen Lili sofort in ihren Bann. Von dort blickt sie auf die Insel Bardsey, die eine unerklärliche Faszination auf sie ausübt. Aber Lilis Anwesenheit scheint jemanden zu stören, und die junge Frau ahnt nicht, wie sehr die Geschichte des Pilgerortes mit ihrer eigenen – und der des unbekannten Gönners verbunden ist …

Constanze Wilken erreicht man beispielsweise auf ihrer Website, bei Mein WalesFacebook und Twitter.

Dieses Interview erschien zuerst im Februar 2017 im Stadtmagazin Da Capo (Braunschweig) unter der Rubrik »Die Buchkolumnistin«. Die Fragen stellte Jeanine Krock.